Artenschutz ist auch im einfachen Baurecht ernst zunehmen

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Oberverwaltungsgericht bestätigt strengen Schutz der Wechselkröte

Die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) hat die potentielle Tötung eines Teils der letzten Berliner Vorkommen der streng geschützten Wechselkröte auf dem Gelände des sog. „CleanTech Business Park“ (CTB) im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf gerichtlich verhindern können: Das Verwaltungsgericht (VG) hatte mit Beschluss vom 12. Februar 2024 untersagt, im Zuge der Bauvorbereitungen für ein geplantes Batterie-Prüfzentrum den Oberboden abzuschieben. Dort befinden sich möglicherweise überwinternde Kröten, die durch diese Maßnahme getötet würden. Diesen Beschluss bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) auf die Beschwerde der Vorhabenträgerin und des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf nun mit Beschluss vom 27. Februar 2024. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Das Gericht sah hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich auf dem Baufeld streng geschützte Wechselkröten befinden. Es gelang der Vorhabenträgerin nicht, mangels tragfähiger fachlicher Untersuchungen, diese Anhaltspunkte zu entkräften. Wegen des für diese Art geltenden strengen Schutzregimes führte dies zum einstweiligen Baustopp.

Nach Einschätzung des von der BLN beauftragten Rechtsanwalts Thorsten Deppner handelt es sich dabei um nichts weniger als eine Leitentscheidung für den Artenschutz in Berlin: „Die Gerichte haben klargestellt, dass der Artenschutz auch im ‚einfachen Baurecht‘ und nicht nur bei Großvorhaben uneingeschränkt zu beachten ist.“ Der Geschäftsführer der BLN, Manfred Schubert, stellt dazu fest: „Das stärkt nicht nur uns, sondern auch den Naturschutzbehörden den Rücken.“

Dem vorausgegangen waren monatelangen Auseinandersetzungen zwischen der unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf und der Vorhabenträgerin. Die UNB hatte vor der Bebauung umfassende Untersuchungen der betroffenen Arten für das Gebiet des CTB eingefordert, um geeignete Vermeidungsmaßnahmen (Schutzzäune, Ersatzlebensräumen, etc.) zu ermöglichen.

Sowohl die landeseigene Vermarktungsgesellschaft WISTA als auch die Vorhabenträgerin weigerten sich, solche Untersuchungen vornehmen zu lassen. Da das Bezirksamt aufgrund einer Entscheidung der Bezirksbürgermeisterin – und entgegen der Auffassung der eigenen Fachbehörde – aber auch nicht bereit war, selbst einzuschreiten, sah sich die BLN nach Abstimmung mit weiteren Berliner Naturschutzverbänden gezwungen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sie stellte im November 2023 mit rechtsanwaltlicher Unterstützung zunächst einen Antrag auf Einschreiten an das Bezirksamt und setzte diesen – nach weiterer von oben verordneter Untätigkeit des Bezirksamts – nun gerichtlich durch.

Die Überraschung bzw. Empörung der Vorhabenträgerin und Vermarktungsgesellschaft ist kaum nachvollziehbar: Denn insbesondere die Vermarktungsgesellschaft WISTA war bereits seit Jahren über die artenschutzrechtlichen Konflikte auf dem Gelände informiert.

Wären die Bedenken der UNB und der Verbände von Anfang an ernstgenommen und die erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig umgesetzt worden, würden heute schon die Baumaschinen rollen – ohne dabei die geschützten Tiere erheblich zu beeinträchtigen“, so Manfred Schubert.

Die BLN hat die Hoffnung, dass die gerichtliche Klärung nun zu einem Umdenken und zu einem Artenschutzkonzept führt, dass dem von der WISTA beabsichtigten grünen Image des CTB tatsächlich gerecht wird. Die BLN ist weiterhin bereit, hieran kooperativ und konstruktiv mitzuwirken. „Unsere Hand war und bleibt ausgestreckt für die gemeinsame Suche nach Lösungen auch bei komplexen Konflikten“, so abschließend Manfred Schubert.

[Gerichtsentscheidungen: Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 12. Februar 2024 – VG 24 L 26/24 und Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Februar 2024 – OVG 11 S 9/24]

 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung:

Kontakt: Manfred Schubert, Geschäftsführer oder Antje Stavorinus, Naturschutzreferentin der BLN, 030 2655 0865, E-Mail: bln@bln-berlin.de sowie Rechtsanwalt Thorsten Deppner, 030 28009-516 (Durchwahl, auch mobil)