In der Zeit vom 05.01.2021 bis zum 04.02.2021 lag der Bebauungsplan 12-54 öffentlich aus (unsere Stellungnahme dazu finden Sie hier). Geplant ist die Bebauung einer nicht mehr benötigten Erweiterungsfläche des Golgatha-Gnaden-Friedhofs in Reinickendorf, wodurch 50 % des Plangebietes versiegelt werden sollen.
Schon 2007 wurde für die Friedhofsfläche im Rahmen einer Untersuchung durch die BLN ein hoher naturschutzfachlicher Wert nachgewiesen. So befindet sich auf der Erweiterungsfläche ein Sandtrockenrasen, also ein nach Berliner Naturschutzgesetz (§ 28 (1) Abs. 2) geschütztes Biotop. Hier fanden sich unter anderem folgende in der Vorwarnliste (Berliner Rote Liste) eingestuften Heuschreckenarten: Gefleckte Keulenschrecke (Myrmeleotettix maculatus), Westliche Beißschrecke (Platycleis albopunctatus) und Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens).
Leider wurden unsere schon mehrfach vorgebrachten Einwände gegen die Planungen offenbar nicht ernst genommen. Eine Bebauung an dieser Stelle, die sich im Außenbereich nach § 35 BauGB befindet, stellt einen beträchtlichen Eingriff dar. Dennoch sind sowohl der Untersuchungsumfang als auch die geplanten Ausgleichsmaßnahmen absolut inakzeptabel:
- Zum Thema Heuschrecken heißt es im Umweltbericht lediglich, dass bei einer Begehung am 13.10.2014 keine Blauflügelige Ödlandschrecke mehr nachgewiesen werden konnte. Mit der Ausnahme von Wildbienen sind auch für keine andere Insektengruppe Untersuchungen durchgeführt worden.
- Der Sandtrockenrasen als geschützter Biotop soll durch die Bebauung verloren gehen und kann nicht vor Ort ausgeglichen werden. Es ist auch nicht geplant, diesen Biotop durch die Wiederherstellung eines Sandtrockenrasens an anderer Stelle auszugleichen. Eine Ausgleichsmaßnahme durch eine gleichartige Herstellung des geschützten Biotops im Sinne des § 15 (2) BNatSchG ist hier also nicht gegeben.
- Der Ausgleich für den Eingriff soll vor allem durch ein unzusammenhängendes Bündel von Maßnahmen auf der einzurichtenden privaten Grünfläche im Norden des Plangebietes erreicht werden. Auf der ca. 2.463 m² großen Grünfläche sollen dann ein Kleingewässer, Bäume, Vögel, Eidechsen, Insekten, ein Girlitzhabitat sowie eine zugängliche Übergangszone für die Naturerfahrung der Anwohner Platz finden.
Dass diese naturnahe Fläche für Wohnungsbau genutzt werden soll, ist also schon alleine durch den Mangel an Möglichkeiten, den Eingriff ausgleichen zu können, nicht nachvollziehbar. Ursprünglich sollte sogar ein Ausgleich auf Flächen in Brandenburg erfolgen, was aber wohl wegen Bedenken des Bezirksamtes aufgegeben wurde. Wir können uns nicht vorstellen, dass es keine Alternativstandorte für das Bauvorhaben im Bezirk gibt.
Der Erhalt von wertvollen Friedhofsflächen in der Innenstadt darf nicht mehr in Frage gestellt werden. Auch an solchen Beispielen wird sich in Zukunft zeigen, ob eine Selbstverpflichtung des Landes Berlin zum Schutz von Grünflächen im Sinne der Charta Stadtgrün gelingen kann.