Einleitung
Für die jetzige Legislaturperiode 2021-2026 soll, im Rahmen der Aktualisierung des StEP Wohnen, laut Koalitionsvertrag im Zusammenhang mit weiteren Wohnungsbaupotentialen eine Bebauung des Dreiecks Späthsfelde „ausgelotet und mit konkreten Zahlen untersetzt“ werden.
Wir fordern eine Sicherung und Qualifizierung der Stadtnatur in Späthsfelde bestehend aus Kleingärten, Grünzügen und gartenbaulichen Flächen mit ihrer enormen sozialen, ökologischen, klimatischen Bedeutung für Berlin und die Berliner:innen.
Dabei beziehen wir uns auf unsere allgemeine Position zur baulichen Inanspruchnahme von Grün- und Freiflächen, welche wir in 11/21 in unserem Forderungskatalog zum Koalitionsvertrag bekräftigt haben:
„Für Infrastrukturprojekte wie Schulen, Kindertagesstätten, Straßen und für Wohnungsbauvorhaben dürfen keine Grünanlagen, Friedhöfe und Kleingärten in Anspruch genommen werden.“
Weiter heißt es darin „In der Stadtplanung muss in sehr viel stärkerem Umfang als bisher die Vermeidungs- und Minimierungsgebote des Baugesetzbuches und des Bundesnaturschutzgesetzes Eingang finden. Bei jeder Planung muss geprüft werden, ob das Bauvorhaben überhaupt notwendig ist, ob es an anderer Stelle naturverträglicher realisiert werden könnte oder ob es, wenn nötig, in minimierter Weise realisiert werden kann. Damit wären auch die häufig kaum noch in Berlin zu realisierenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie Artenschutzmaßnahmen (…) entbehrlich.“ Nachverdichtung sollte vorrangig im Bestand und auf bereits versiegelten Flächen erfolgen.
Zudem beziehen wir uns auf unsere Stellungnahme zum Entwurf des Kleingartenentwicklungsplans 2030 (KEP 2030). „Kleingärten dürfen den aktuellen Flächenkonkurrenzen in Berlin nicht zum Opfer fallen, denn sie:
- sind ein Teil des Stadtgrüns, welches ein Markenzeichen Berlins bleiben muss, statt immer weiter abgebaut zu werden.
- haben einen unschätzbaren Wert für die Gesundheitsvorsorge und bieten (…) erholsame Rückzugsmöglichkeiten an der frischen Luft.
- sind wichtige Flächen für den Artenschutz und den Biotopverbund und sollten nicht nur unter dem Aspekt „Freiraumnutzung“ betrachtet werden.
- gehen nach einer Bebauung als Grünflächen mit ihren Ökosystemleistungen verloren, welche wir in Anbetracht des Klimawandels dringender denn je benötigen.
- sind ein 150 Jahre altes Stück Stadtkultur mit alten Obst- und Gemüsesorten, die von einem Flächenverlust betroffen sind.
- sind seit den 1950er Jahren in der Fläche bereits um 50 Prozent geschrumpft.
Ergänzend dazu fordern wir, vorrangig die bereits ausgewiesenen Stadtquartiere und Gewerbestandorte vollends zu entwickeln. Insbesondere in Anbetracht an deren Erfordernissen an Kompensationsflächen aufgrund von Eingriffen in Natur und Landschaft einhergehend mit Artenschutzmaßnahmen können weitere Eingriffe erst nach erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen eruiert werden.
Dreieck Späthsfelde
Bei dem Dreieck Späthsfelde handelt es sich um ein rund 90 Hektar großes Areal zwischen dem Britzer Zweigkanal, dem Teltowkanal und der Königsheide. Traditionell ist es von der kulturellen Nutzung des Gartenbaus und Landwirtschaft geprägt. Durch die Lage im Urstromtal und dem Niederungsbereich des Heidekampgrabens hatte es einen hohen Grundwasserpegel, welcher in den 1860er Jahren ideal für die Ansiedelung der Baumschule Späth war. Durch den Bau der Kanäle und der Inbetriebnahme des Wasserwerks Johannisthal sank der Grundwasserstand. Auf den Flächen der Baumschule entstanden teilweise Siedlungen und Kleingartenanlagen. Im KEP 2030 heißt es dazu: „Kleingartenanlagen, die größere zusammenhängende Komplexe bilden beziehungsweise in Verbindung zu übergeordneten Grün- und Landschaftsräumen liegen, erfüllen vielfältige positive Funktionen für die Erholung, für den Biotop- und Artenschutz, für den Naturhaushalt und für das Landschaftsbild.“ Das zusammenhängende Areal Baumschulenweg und Königsheide in Treptow-Köpenick wird dabei explizit benannt. Es handelt sich um weit mehr als 600 Kleingartenparzellen. Das gesamt Areal befindet sich im Wasserschutzgebiet. Es hat sich als beliebtes Erholungsgebiet für Anwohner:innen und Berliner:innen etabliert. Die Bedeutung des Dreiecks Späthsfelde ist einerseits wegen des Nutzungsdrucks auf die umliegenden Flächen, wie Wald, Friedhöfe und Grünzüge, andererseits durch Bebauung im Umfeld nebst verkehrlicher Infrastruktur enorm gestiegen.
Im Landschaftsprogramm (LaPro) ist laut dem Programmplan „Biotop- und Artenschutz“ eine „Entwicklung / Sicherung der Biotopvernetzungsfunktion auf bestehenden und künftigen Siedlungsflächen“ vorgesehen. Im Gebiet sind mit der Zauneidechse und der Knoblauchkröte mindestens zwei streng geschützte Arten und zugleich Zielarten des Biotopverbunds etabliert. Eingebettet in lineare Verbundstrukturen der Kanäle und Ufer sowie großflächig durch die Gärten, Friedhöfe und Wald stellt das Areal mit seinen strukturreichen Lebensräumen einen elementaren Baustein im Verbund dar. Verstärkt durch den Klimawandel und den Nutzungsdruck können die Königsheide und die Kompensationsflächen im Gebiet ihrer Biotopfunktion kaum noch gerecht werden. Durch eine weitere Bebauung würde der Grundwasserpegel weiter sinken, die Schäden des Kiefern-Eichenwaldes in der Königsheide sind bereits heute markant, der Heidekampgraben fällt teilweise trocken.
Auch der Programmplan „Naturhaushalt/Umweltschutz“ des LaPro sieht einen Erhalt der derzeitigen Nutzungen Kleingarten, Landwirtschaft, Gartenbau vor und betont die besondere Notwendigkeit des Bodenschutzes mit dem Hinweis „Sonstiger Boden mit besonderer Leistungsfähigkeit“.
Das Landschaftsbild ist im LaPro als erhaltenswert gekennzeichnet, der gleichnamige Programmpunkt fordert „Erhalt und Entwicklung von städtischen und siedlungsgeprägten Strukturen“ und „Erhalt und Entwicklung von kultur- und naturlandschaftlich geprägten Strukturen“ und identifiziert im Gebiet „Freiflächen im Bereich von Rinnen, Senken und Feuchtgebieten“ und den „Gestalttyp Kleingarten und offene Landwirtschaft, Ackerbrache“.
Daher fordern wir den Erhalt der Kleingärten, die Qualifizierung der Grün- und Freiflächen sowie die Weiterentwicklung als Standort für Umweltbildung mit den dortigen Akteuren zu den Themenfeldern Gärtnern, Gartenbau, Landwirtschaft, Naturschutz und der Erholungs- und Freizeitnutzung. Die Biotope und Verbundstrukturen sollen durch die Anlage von Hecken, Wiesen, Säumen und Streuobstwiesen qualifiziert werden. Dabei sollen die Landwirtschaftsflächen als Kompensationsflächen aufgewertet werden. Das Vorkaufsrecht gemäß VO 18-398 vom 17.08.2021 soll dafür konsequent geltend gemacht werden.
Unsere Forderungen untermauern wir mit denen aus unserer Stellungnahme zum KEP 2030. Darin forderten wir, dass:
- „Kleingartenflächen auch für wichtige Infrastrukturprojekte wie Schulen nicht leichtfertig und ohne genaue Prüfung von bereits versiegelten Alternativflächen geopfert werden. Bei Inanspruchnahme sollte das Maß der baulichen Nutzung sowie die Ausrichtung der Baukörper so angepasst werden, dass Flächen und Baumbestand erhalten und integriert werden.
- Kein Abschwächen der Bedeutung von Kleingartenanlagen für Menschen vor allem in den Innenstadtbereichen im KEP.
- Eine angemessene Würdigung der Bedeutung von Kleingärten für die Artenvielfalt Berlins und den Biotopverbund im KEP, zumal diese im Landschaftsprogramm einschließlich Artenschutzprogramm erwähnt wird.
- Genug Fläche zum Gärtnern für alle interessierten Berliner (auch für die zukünftigen), statt den Versuch, einen hohen Bedarf durch Parzellenteilungen zu decken.“