Gewässerschutz: EU-Vorgaben verschleppt – Guter Zustand der Berliner Gewässer rückt in weite Ferne

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Berlin verstößt gegen europäische Vorgaben zum Gewässerschutz. Nach den Plänen der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz wird bis 2027 anders als vorgeschrieben kein Gewässer in einen guten ökologischen Zustand versetzt, kritisiert die Wassernetz-Initiative in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des ergänzenden Länderberichts Berlins zur europäischen Wasser-rahmenrichtlinie (EU-WRRL). Für mehr als 80 % der Seen und Flüsse – wie beispielsweise den Großen Wannsee – werden die Ziele auf irgendwann nach 2033  verschoben. Zudem gibt es Rückschläge zu verzeichnen – wie in der Stadtspree. Trotz der Probleme fehlt von den maßgeblichen Verursachern eine Antwort auf die Frage, wann und wie sie diese Defizite schrittweise beheben. Die Wassernetz-Initiative verlangt vom Land Berlin daher bessere Planungen.

Verena Fehlenberg, zusammen mit Christian Schweer in der Projektkoordination der Wassernetz-Initiative beim BUND Berlin aktiv: „Berlin gefährdet den Schutz unserer Lebensgrundlage Wasser, wenn die Umsetzung des Gewässerschutzes erst in ferner Zukunft erfolgen soll. Wir müssen jetzt handeln, denn wir befinden uns bereits mitten in einer Gewässerkrise. Der Länderberichtsentwurf ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Um die Ziele für 2027 zu erreichen, müssen neben der Umweltbehörde vor allem auch die für Verkehr, Wirtschaft und Stadtplanung verantwortlichen Stellen liefern, damit bis 2024 alle ausstehenden Arbeiten zur Gewässersanierung erledigt werden können. Nur so kann die Wassermenge, -qualität und Artenvielfalt gesichert werden.“

Bei Starkregen belasten unkontrollierte Einleitungen von verschmutztem Mischwasser aus der Kanalisation und Straßenabwasser die Gewässer.„Alarmierend ist beispielsweise die Situation in der Stadtspree. Sie ist bereits stark verbaut und musste nun infolge der anhaltenden Verunreinigungen als ökologisch schlecht und damit in die niedrigste Bewertungsklasse eingestuft werden,“ informiert Juliana Schlaberg, Naturschutzreferentin beim NABU Berlin. „Die Verwaltung muss die Quellen der schädlichen Einträge flächendeckend ermitteln und reduzieren sowie die Versickerung von Regenwasser überall im Stadtgebiet ermöglichen, um die Kanalisation zu entlasten und den kostbaren Regen, der in Berlin immer weniger wird, in der Stadt zu halten.“

„Ergänzend braucht es ein Sofortprogramm zur schnellen Reduktion der Abwassereinleitungen in die Berliner Gewässer. Fischsterben in Spree und Landwehrkanal müssen endlich der Vergangenheit angehören,“ fordert  Dipl.-Ing. Ralf Steeg von WITE.company.

Ein weiteres großes Problem stellt auch die zu hohe Entnahme von Wasser dar. Die Wassernetz-Initiative identifiziert mehrere Wasserwerke, die den schlechten Zustand der Berliner Moore, Kleingewässer und Wälder mit zu verantworten haben. Manfred Schubert, Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemein-schaft Naturschutz (BLN): „Bereits im März hat die BLN zusammen mit dem BUND Berlin eine Unterlassungsklage gegen die Senatsverwaltung eingenreicht, weil diese ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Schutz der Berliner Moore in Schutz-Gebieten (Natura 2000-Gebiete) nicht nachkommt. Für die Umsetzung der EU-WRRL erwarten wir von der Landesregierung einen strategischen Aktionsplan, in dem konkrete Maßnahmen systematisch aufeinander aufgebaut sind und die gesetzlichen Vorgaben zum Biodiversitätsschutz integriert werden. Doch dieser Plan fehlt.“

„Dreh- und Angelpunkt ist auch eine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit,“ so Michael Bender von der Bundeskontaktstelle Wasser der Grünen Liga und der Stiftung Living Rivers.  „Nur so gibt es gesellschaftlichen Rückhalt für die notwendigen Maßnahmen, um das Allgemeingut Wasser zu schützen. Viele positive Ansätze, wie Panketage, Bürgerwerkstätten, Bachpatenschaften und die Unterstützung des gewässerpädagogischen Netzwerks sind von der Umweltverwaltung inzwischen wieder eingestampft worden. Die meisten der bereits vor 10 Jahren ausgearbeiteten Gewässerentwicklungskonzepte wurden bislang nur zu geringen Teilen umgesetzt. Hier erwarten wir bis 2027 deutliche Fortschritte im Gewässer- und Naturschutz.“

Dass konsequentes und gemeinsames Handeln wichtig ist, zeigen auch die wachsenden Herausforderungen mit der Klimakrise. In Dürrezeiten bringen Havel und Spree immer weniger Wasser in die Hauptstadt, damit steigt deren Schadstoffkonzentration, etwa von Sulfat. Hartwig Berger vom Ökowerk e.V. und der AG „Wasser bewegt Berlin“ : „Vor allem unter lange andauernden extremen Trockenphasen wird die Gewässerqualität leiden. Auch darum ist es unverantwortlich, die Umsetzung der WRRL zu verschleppen. Vielmehr muss Berlin dem Gewässerschutz jetzt erst recht  und vor allem zügig Vorrang einräumen.“

Die Wassernetz-Initiative, die sich aus BUND Berlin, BLN, Grüner Liga, NABU Berlin, Ökowerk, WITE.company und weiteren Kooperationspartner*innen zusammensetzt, gibt heute im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur EU-WRRL eine ausführliche Stellungnahme für Berlin ab. Die Initiative macht zudem Vorschläge zu Maßnahmen, um den guten ökologischen Zustand an Berliner Flüssen, Seen und für das Grundwasser bis zum Jahr 2027 zu erreichen.

Die Stellungnahme der Wassernetz-Initiative Berlin

Weitere Infos:

Zur Wasserrahmenrichtlinie, der europäischen Richtlinie zum Gewässerschutz: https://www.bund.net/fluesse-gewaesser/wasserrahmenrichtlinie/

Zur Unterlassungsklage zum Berliner Moorschutz: www.bund-berlin.de/service/meldungen/detail/news/bln-reicht-unterlassungsklage-zum-berliner-moorschutz-ein/

EU-Beschwerde zur Wasserrahmenrichtlinie von BUND und NABU, in der schon viele der Defizite beschrieben wurden: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/fluesse/fluesse_wrrl_eu-beschwerde.pdf

Informationen zur Wassernetz-Initiative Berlin: www.wassernetz-initiative-berlin.de

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Für Rückfragen:
Carmen Schultze, Pressereferentin: fon (030) 78 79 00 – 12

Christian Schweer, Projektkoordinator der Wassernetz-Initiative beim BUND Berlin e.V.: fon (030) 78 79 00 – 0

Manfred Schubert, Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutze.V.  (BLN): fon (030) 26 55 08 – 64

Juliana Schlaberg, Naturschutzreferentin beim NABU Berlin e.V.: fon (030) 986083735

Michael Bender, Leiter der GRÜNE LIGA e.V., Bundeskontaktstelle Wasser: fon (030) 40 39 35 30

Hartwig Berger, Ökowerk e.V. & AG „Wasser
bewegt Berlin“: fon (030) 30 00 05-0

Dipl.-Ing. (FH) Ralf Steeg, WITE.company: fon (0173) 2345652)